Wir werden HIV nur besiegen, wenn wir die Menschenrechte von LGBTQI+-Personen überall schützen

Ralf Jürgens, Leitender Technischer Koordinator für Menschenrechte in der Abteilung für Gemeinde-, Rechts- und Genderfragen (CRG) des Globalen Fonds

16 Mai 2023

Von Ralf Jürgens, Leitender Technischer Koordinator für Menschenrechte in der Abteilung für Gemeinde-, Rechts- und Genderfragen (CRG) des Globalen Fonds

An diesem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie können wir einige wichtige Fortschritte für die Rechte von LGBTQI+-Menschen und damit Verbesserungen bei der Bekämpfung von HIV feiern. Im letzten Jahr haben sich mindestens drei Länder den 45 anderen Staaten angeschlossen, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen in den letzten 30 Jahren entkriminalisiert haben.

Gleichzeitig mit diesem Fortschritt ist jedoch eine verstärkte Repression gegen LGBTQI+-Personen in vielen Ländern zu beobachten.

Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Blog von einer oder einem der mutigen LGBTQI+-Aktivist*innen verfasst worden wäre, die der Globale Fonds unterstützen durfte. Aber an zu vielen Orten wäre sogar ein öffentlicher Gedankenaustausch gefährlich für sie.

Im März 2023 werden einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen weiterhin in etwa 64 Ländern kriminalisiert. In sechs dieser Länder steht auf diese Handlungen die Todesstrafe. In mehreren weiteren Ländern werden derzeit Gesetzentwürfe mit solch drakonischen Bestimmungen geprüft.

Nach Angaben von UNAIDS erhöht es nur das unverhältnismäßig hohe HIV-Risiko, dem LGBTQI+-Personen bereits ausgesetzt sind, wenn gleichgeschlechtliche Beziehungen zu einem Straftatbestand erklärt werden. In einer Studie in 10 Ländern Subsahara-Afrikas wurde zum Beispiel festgestellt, dass die HIV-Prävalenz bei homosexuellen Männern und anderen Männern, die Sex mit Männern haben, in Staaten, in denen diese strafrechtlichen Verbote bestanden, doppelt so hoch war wie in Ländern ohne solche Gesetze. 

Bereits seit über fünf Jahren unterstützt das Programm Breaking Down Barriers des Globalen Fonds kommunale Partner in 20 Ländern, die sich für die Überwindung von menschenrechtsbezogenen Zugangsbarrieren zu Gesundheitsleistungen für LGBTQI+-Menschen und andere Personen einsetzen, die umfassenden und ungerechten strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt sind.

Portrait of the author, Ralf Jürgens

Ralf Jürgens, Leitender Technischer Koordinator für Menschenrechte in der Abteilung für Gemeinde-, Rechts- und Genderfragen (CRG) des Globalen Fonds

Die Gesetze lassen sich zwar nicht über Nacht ändern, aber kurzfristig kann viel getan werden, um Allianzen für die Interessenvertretung zu schmieden und Pläne für die Anfechtung von Gesetzen und die Erreichung eines möglichst umfassenden Zugangs zur Justiz aufzustellen.

Wo es sicher möglich ist, unterstützt der Globale Fonds zum Beispiel das Monitoring von Vorfällen von Diskriminierung, Gewalt und sonstigen Übergriffen gegen LGBTQI+-Personen unter der Leitung der Community. Dies kann dann eine solide Informationsbasis liefern, um für eine Gesetzesreform einzutreten. 

Breaking Down Barriers hat auch die Mobilisierung großer Zahlen von Peer-Paralegals unterstützt – das heißt in diesem Fall von rechtskundigen LGBTQI+-Personen, die ihre eigenen Communitys verstehen und Menschen helfen können, Klagen wegen Verletzungen ihrer Rechte zu erheben und weiterzuverfolgen.

Auch bei ungünstiger Gesetzeslage können Menschen übergriffige Situationen mit Unterstützung von Paralegals beilegen. Bei Bedarf kann Menschen außerdem ein Rechtsbeistand vermittelt werden. In der Ukranine haben Peer-Paralegals zum Beispiel dazu beigetragen, dass Menschen der Zugang zu Gesundheitsleistungen und Maßnahmen zur Schadensminderung sogar während des Krieges erhalten geblieben ist. An Orten, an denen LGBTQI+-Menschen aufgrund gesellschaftlicher Einstellungen und Kriminalisierung gefährdet sind, unterstützt der Globale Fonds sichere Unterkünfte und andere Vorkehrungen, um Peer-Paralegals und die von ihnen betreuten Bevölkerungsgruppen zu schützen.

Mit Unterstützung des Globalen Fonds können Gesundheitsdienstleister*innen in vielen Ländern eine respektvolle Gesundheitsversorgung für Männer, die Sex mit Männern haben, und Transgender-Menschen gewährleisten. In einer Reihe von Ländern, in denen einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen illegal sind, war es möglich, sichere Räume zu finden, in denen Gesundheitsdienstleister*innen direkt von Angehörigen der LGBTQI+ Community hören können, mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind und welche humanitären Hilfeleistungen sie brauchen.

Ergänzt wird diese Aktivität durch die Überwachung der Qualität von Gesundheitsleistungen für Schlüsselgruppen durch die Gemeinde selbst. In einigen Ländern haben Angehörige der LGBTQI+ Community auch die Möglichkeit einer konstruktiven Kontaktpflege mit Polizei und Strafverfolgern erhalten, was häufig zu einem humaneren Gesetzesvollzug geführt hat.

Eine wirksame globale Antwort auf HIV bedeutet, nicht nachzulassen im Einsatz für ein würdevolles Leben für alle LGBTQI+-Menschen.