22 März 2024
Viel zu lange war TB „die vergessene Pandemie“: Millionen von Menschen fallen der Krankheit zum Opfer, aber sie bekommt nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit und der Ressourcen, die COVID-19 oder HIV auf sich ziehen. Doch jetzt hat die Bekämpfung der TB beachtlich Fahrt aufgenommen. In vielen Ländern haben sich die Rückschläge durch COVID-19 bereits mehr als umgekehrt. Mit den Verbesserungen bei den Hilfsmitteln zur TB-Prävention, -Diagnose und -Behandlung, erheblichen Preissenkungen bei einigen wichtigen Maßnahmen und der durch gute Ergebnisse gewachsenen Zuversicht entsteht echte Hoffnung auf mögliche Fortschritte.
In vielen der am stärksten von TB betroffenen Länder sehen wir eine beispiellose Entschlossenheit, diese schreckliche Krankheit zu besiegen. Die Staats- und Regierungschefs vieler Länder weltweit zeigen außergewöhnliche politische Führungsstärke und großes Engagement, um TB für immer zu beenden.
Noch nie zuvor sind bei so vielen Menschen mit TB Diagnosen gestellt und lebensrettende Behandlungen eingeleitet worden. Im Jahr 2022 wurden bei 7,5 Millionen Menschen neue TB-Diagnosen gestellt (und die vorläufigen Ergebnisse für 2023 sind sogar noch vielversprechender). Dies ist die höchste Zahl seit Beginn des globalen TB-Monitorings der WHO im Jahr 1995. Und doch erkranken etwa 2,5 Millionen Menschen jährlich an TB, ohne dass die Krankheit diagnostiziert wird. Das bedeutet nicht nur Leid für sie selbst – 1,3 Millionen Menschen sind 2022 an TB gestorben –, sondern es besteht auch die Gefahr, dass sie andere infizieren. Der Ausbau von Diagnostik und Behandlung ist entscheidend, um die Zahl der Todesfälle und der Neuinfektionen zu senken.
Im Jahr 2023 hat der Globale Fonds eine Preissenkung bei den am häufigsten verwendeten molekulardiagnostischen Tests um 20 % sowie bei einer wichtigen Therapie der multiresistenten TB um 55 % erreicht. Angesichts der riesigen Finanzierungslücken bei TB – der Globale Fonds stellt über 75 % aller externen Finanzmittel für TB bereit – versetzen nur solche KostensenkungenLänder in die Lage, Tests und Behandlungen weiter auszubauen. Das gilt ebenso für die Einführung von alternativen Diagnosemethoden wie digitalen Röntgenverfahren und den Einsatz eines breiteren Spektrums von Therapie- und Präventionsmöglichkeiten. Blickt man in die Zukunft, so gibt es – über 100 Jahre nach der Entwicklung des BCG-Impfstoffs, der heute nur sehr begrenzten Schutz bietet – ermutigende Anzeichen dafür, dass vielleicht endlich wirksamere Impfstoffe in Sicht sind.
Ohne Frage erfordern Fortschritte bei der Eindämmung der TB medizinische Innovationen und finanzielle Ressourcen, aber sie allein reichen nicht aus. Tuberkulose ist deshalb zu oft vergessen worden, weil sie die Pandemie der Armen und Marginalisierten ist. Für die Bekämpfung der TB müssen gravierende soziale Ungerechtigkeiten, aufgrund deren Menschen anfälliger für Krankheiten sind und weniger Zugang zu medizinischer Versorgung haben, überwunden werden. Menschen, die in beengten räumlichen Verhältnissen wie in informellen Siedlungen oder Flüchtlingslagern leben, bekommen die Krankheit eher. Menschen, die unterernährt sind oder in Gebieten mit hoher Umweltverschmutzung wohnen, haben schlechtere Überlebenschancen, wenn sie an TB erkrankt sind.
Bei erfolgreichen TB-Strategien stehen die von TB am stärksten betroffenen Menschen und Gemeinschaften im Mittelpunkt der Maßnahmen, und es besteht eine Bereitschaft, den Ungerechtigkeiten zu begegnen, die der Krankheit Vorschub leisten.
In den am stärksten von TB betroffenen Ländern sehen wir ein beispielloses Engagement, die ambitionierten Ziele zur Beendigung der TB zu verwirklichen. Hier ist zum Beispiel Indien zu nennen, das mit etwa 27 % der weltweiten Fälle die höchste TB-Last der Welt hat und das Ziel verfolgt, TB bis 2025 zu eliminieren. Im Jahr 2022 wurden in Indien 2,3 Millionen Menschen gegen TB behandelt, eine deutliche Steigerung gegenüber den 1,7 Millionen Behandelten nur fünf Jahre zuvor. Indonesien hat die Zusagen inländischer Mittel für sein TB-Programm in den letzten Jahren erhöht. Dadurch konnte Indonesien die Zahl der gegen TB behandelten Menschen von 339.000 im Jahr 2021 auf 709.000 im Jahr 2022 steigern.
Nigeria ist ein weiteres Beispiel dafür, wie politische Führungsstärke und ein robuster und umfassender Plan Ergebnisse bringen. Die Zahl der in Nigeria gegen TB behandelten Menschen hat sich in den letzten fünf Jahren von 105.000 im Jahr 2017 auf 286.000 im Jahr 2022 fast verdreifacht. Das Land entwickelt einen strategischen Ansatz, um Gerechtigkeit zu gewährleisten und die Stigmatisierung und Diskriminierung im Zusammenhang mit TB zu bekämpfen (etwa 25 % der TB-Patient*innen haben über Stigmatisierung in Gesundheitseinrichtungen und 50 % über Stigmatisierung in der Gemeinde berichtet). Durch positive Botschaften und das Engagement von Führungspersonen der Gemeinde, Erziehungs- und Lehrkräften sowie religiösen Oberhäuptern versucht die Regierung, gemeinsam mit anderen lokalen Akteur*innen und Vertreter*innen des privaten Sektors ein Umfeld zu schaffen, in dem mehr Unterstützung geleistet und besser informiert wird und in dem es für die am stärkten gefährdeten Personen leichter ist, die benötigten Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen.
Angesichts der akuten haushaltpolitischen Sachzwänge und einer Vielzahl konkurrierender Prioritäten in der Gesundheitsversorgung ist das jetzt gezeigte politische Engagement für die Beendigung der TB – angeführt von einigen der am stärksten betroffenen Länder – umso bewundernswerter. Die TB-Bekämpfung insgesamt ist jedoch weiterhin stark von der Unterstützung globaler Partnerschaften wie des Globalen Fonds, der Stop-TB-Partnerschaft und der WHO sowie bilateraler Partnerorganisationen wie USAID abhängig.
Jetzt ist die Zeit gekommen, die Anstrengungen zu verstärken, die aktuelle Dynamik zu nutzen und den Fortschritt zu beschleunigen. Viel zu lange war TB „die vergessene Pandemie“ oder die „Pandemie der Armen“. Jetzt können wir sie zur „Pandemie der Vergangenheit“ machen.