28 November 2025

Der Exekutivdirektor des Globalen Fonds, Peter Sands, inspiziert Kartons mit Lenacapavir während eines Besuchs der Central Medical Stores in Eswatini. Foto: Der Globale Fonds/Brian Otieno
Als ich an diesem Morgen die Central Medical Stores in Eswatini betrat, sah ich als Erstes die Kartons.
Sie waren in Regalen in der Mitte des Lagers ordentlich zu hohen Stapeln aufgeschichtet – einfache Pappe, sorgfältig beschriftet, nicht zu unterscheiden von anderen medizinischen Produkten und Arzneimitteln. Das Lagerpersonal bewegte sich ruhig und konzentriert zwischen ihnen, gab Daten ein, führte Routineprüfungen durch und machte die Arbeit, die ein Gesundheitssystem am Laufen hält. Nichts deutete darauf hin, dass der Inhalt dieser Kartons historisch genannt werden konnte und dass sie die Ersten ihrer Art in Afrika waren.
In diesen unauffälligen Kartons befand sich jedoch etwas Außergewöhnliches: die erste Lieferung von Lenacapavir, die den afrikanischen Kontinent erreichte. Lenacapavir ist eine zweimal jährlich verabreichte Injektion zur HIV-Prävention, die von Gilead Sciences entwickelt wurde. Dieses Medikament könnte neu definieren, wie Menschen sich selbst vor Infektionen schützen. Das Team hatte es nur wenige Tage vor meiner Ankunft in Empfang genommen.
Beim Lagerpersonal herrschte eine verhaltene Anspannung, die jedoch nicht zu übersehen war. Teams des Gesundheitsministeriums, des National Emergency Response Council on HIV and AIDS (NERCHA), der AIDS Healthcare Foundation Eswatini (AHF Eswatini), des Globalen Fonds und der Children’s Investment Fund Foundation (CIFF) sowie von Gilead, des U.S. President's Emergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR) und anderer Partnerorganisationen hatten sich jahrelang auf diesen Moment vorbereitet – sie hatten Systeme gestärkt, Umsetzungspläne entwickelt, Protokolle abgestimmt und dafür gesorgt, dass die Lieferketten bereit waren. Eswatini, ein Land mit einer der weltweit höchsten HIV-Prävalenzraten, spielt seit Langem eine führende Rolle bei der HIV-Bekämpfung, und dieser Geist war in dem Lager deutlich spürbar.
Diese Kartons waren mehr als eine Lieferung. Sie markieren einen Wendepunkt in einem Land, das die schlimmsten Auswirkungen der Epidemie erlebt und unermüdlich dagegen angekämpft hat.
Später an diesem Tag in Manzini sah ich mit eigenen Augen, was dieser Meilenstein bedeutet.

Ein Lkw mit der allerersten Lenacapavir-Lieferung überquert die Grenze nach Eswatini. Foto: Der Globale Fonds/Daniel Toro
Die von AHF Eswatini betriebene LaMvelase Clinic ist das größte Behandlungszentrum des Landes und eine der wichtigsten Anlaufstellen für HIV-Tests, -Behandlung und -Prävention. Bis zum späten Vormittag war der Hof voll: heranwachsende Mädchen in Schuluniformen, junge Männer in Arbeitsstiefeln, Mütter mit Kleinkindern auf dem Arm und Angehörige besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen, die anderswo häufig stigmatisiert werden. Die Klinik ist zu einem vertrauenswürdigen Ort geworden – einem der seltenen Plätze, an denen Menschen medizinische Hilfe in Anspruch nehmen können, ohne Vorurteile befürchten zu müssen.
In einem Sprechzimmer beschrieb eine Pflegekraft ihren typischen Tag. Sie sieht Dutzende von Klienten mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen: HIV-Tests, STI-Screenings, Familienplanung und Beratung. Viele kommen, weil sie gehört haben, dass die Klinik eine humanitäre, vertrauliche medizinische Versorgung und echte Präventionsmöglichkeiten anbietet.
Am meisten berührt hat mich das tiefe Verständnis des Personals für die Gegebenheiten, die die Entscheidungen der Menschen prägen. In Eswatini wie an vielen anderen Orten können Präventionstabletten, die täglich eingenommen werden müssen, schwer zu verbergen sein. Für Personen, die geschlechtsspezifische Gewalt oder Machtungleichgewichte in Beziehungen erleben, kann es gefährlich oder schlicht unmöglich sein, einen Partner um die Benutzung eines Kondoms zu bitten. Das Stigma kann so groß sein, dass Menschen davon abgehalten werden, überhaupt Medikamente mitzunehmen.
In diesem Zusammenhang ist eine langwirksame Injektion, die zweimal jährlich verabreicht wird, nicht nur praktisch – sie schenkt Freiheit. Sie bietet Menschen, insbesondere jungen Frauen, eine diskrete, vertrauliche Möglichkeit zum Selbstschutz.
Im Obergeschoss machte sich Dr. Nkululeko Dube Gedanken darüber, wie weit das Land gekommen ist. Er erinnert sich an die Zeit, als antiretrovirale Medikamente knapp waren. Damals waren die Stationen des Krankenhauses voller Menschen, die an behandelbaren Infektionen starben, und Familien verkauften Vieh und Möbel für Medikamente, die zu spät eintrafen. Heute hat Eswatini die 95-95-95-Ziele von UNAIDS übertroffen und eines der leistungsfähigsten HIV-Behandlungsprogramme überhaupt aufgebaut.
Dennoch erinnerte er mich auch daran, wie fragil Fortschritt sein kann. Eine geringe Zahl von Menschen kennt ihren HIV-Status weiterhin nicht oder wird noch immer nicht behandelt. Ohne intensive Präventionsmaßnahmen könnte diese verbleibende Lücke neue Infektionen fördern und die Erfolge der letzten zehn Jahre bedrohen.
Aus diesem Grund haben die Kartons, die ich in dem Lager gesehen habe, eine so tiefgreifende Bedeutung.
Beim Verlassen der Klinik der AHF kam mir der Gedanke, dass diese Fläschchen auf die Reise gehen werden: von den Central Medical Stores zu Einrichtungen im ganzen Land; von ausgebildeten Fachkräften zu Menschen, die Entscheidungen über ihre Zukunft treffen; von wissenschaftlicher Innovation zu gelebter Realität.

Lagerarbeiter überprüfen eine Lenacapavir-Lieferung in den Central Medical Stores in Eswatini. Es ist die allererste Lieferung dieses Medikaments auf dem afrikanischen Kontinent. Foto: Der Globale Fonds/Daniel Toro
Eswatini ist in diesem Moment nicht allein. Überall in Subsahara-Afrika entsteht eine Dynamik. Sambia hatte ebenfalls gerade die ersten Lieferungen bekommen, und sieben weitere Länder bereiten sich auf den Erhalt ihrer ersten Lenacapavir-Lieferungen bis Anfang des nächsten Jahres vor. Dies ist eine eindrückliche Demonstration der regionalen Führungsrolle und bedeutet eine einschneidende Veränderung gegenüber dem historischen Muster: Bisher erhielten die weltweit am stärksten betroffenen Länder Innovationen immer als Letzte und nicht als Erste.
Zum ersten Mal wird ein innovatives HIV-Präventionsmittel nahezu gleichzeitig in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen und in Ländern mit hohen Einkommen eingeführt. Das allein ist ein Durchbruch, denn bei früheren Medikamenten zur HIV-Prävention dauerte es nach dem ersten bekannten Nachweis ihrer Wirksamkeit im Schnitt fünf Jahre, bevor sie den Menschen in den am stärksten betroffenen Ländern zur Verfügung standen.
Während diese ersten Dosen eintreffen, nimmt eine neue Möglichkeit Gestalt an: eine Zukunft, in der wissenschaftliche Fortschritte Menschen überall erreichen – nicht Jahre später, sondern sofort.
Trotzdem ist dieser Moment auch ein Test. Gemeinsam mit PEPFAR haben wir uns ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Wir wollen in den nächsten drei Jahren bis zu zwei Millionen Menschen mit langwirksamer Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erreichen. Wenn das gelingt, würde die Zahl der Neuinfektionen in Ländern mit der höchsten Belastung signifikant reduziert. Ohne nachhaltige Investitionen – von Gebern, Regierungen und Partnern könnte diese Dynamik jedoch genau in dem Moment abgebremst werden, in dem wir uns einem möglicherweise entscheidenden Schritt zur Beendigung von AIDS nähern.
Die Verhinderung von Infektionen ist heute weitaus kostengünstiger als ihre lebenslange Behandlung. Sie stärkt die Gesundheitssysteme, verkürzt den Weg zu nachhaltiger inländischer Finanzierung und schützt die außerordentlichen Fortschritte, die Länder wie Eswatini erreicht haben. Entscheidend für den Erfolg ist aber nicht nur die Finanzierung – Vertrauen ist entscheidend. Vertrauen darauf, dass Kliniken eine stigmafreie medizinische Versorgung anbieten. Vertrauen darauf, dass das Gesundheitspersonal dafür sorgt, dass Medikamente zur Verfügung stehen. Vertrauen darauf, dass globale Partner Kurs halten.
Aus Eswatini nehme ich die Erinnerung an diese einfachen Kartons in dem Lager mit – außen schlicht, innen voller Möglichkeiten. Ich nehme die Hingabe der Pflegekraft in Manzini, die Entschlossenheit von Dr. Dube, die Professionalität des Lagerteams und die Führungsstärke des Gesundheitsministeriums und von NERCHA mit.
Wenn wir jetzt gemeinsam mutig handeln und die Gemeinschaften in den Fokus nehmen, bleibt mein miterlebter Moment in Eswatini vielleicht als der Zeitpunkt in Erinnerung, als die Welt entschlossen begann, die Aufgabe zu Ende zu bringen: der Moment, als die Beendigung von AIDS von einer Hoffnung zur erreichbaren Realität wurde.
Dieser Gastbeitrag wurde ursprünglich auf Forbes veröffentlicht.